Interne Überprüfung von
Umweltverbände und Privatpersonen können unter bestimmten Voraussetzungen eine interne Überprüfung eines Verwaltungsaktes durch das EU-Organ veranlassen, das den Akt erlassen hat (Artikel 10 Aarhus-Verordnung).
Was ist ein Verwaltungsakt der Europäischen Union?
Ein Verwaltungsakt ist jeder von einem Unionsorgan angenommene Rechtsakt ohne Gesetzescharakter, der eine rechtliche Wirkung und eine Außenwirkung hat und Bestimmungen enthält, die möglicherweise gegen das Umweltrecht im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe f verstoßen (Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe g Aarhus-Verordnung).
Hinter dieser rechtstechnischen Definition verbergen sich beispielsweise folgende europäische Entscheidungen, die sich auf die Umwelt, die Gesundheit oder den Ressourcenverbrauch auswirken:
- Entscheidungen über die Zulassung von Wirkstoffen auf EU-Ebene, die in Pestiziden verwendet werden können, wie zum Beispiel Glyphosat, das von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft wurde;
- Die Entscheidung, die Liste neuer Energieinfrastrukturprojekte für fossile Brennstoffe zu genehmigen (die so genannte Englisch „Projects of Common Interest-Liste“, kurz PCI-Liste);
- Beschlüsse zur Regelung der Emissionsprüfungen von Kraftfahrzeugen im Realbetrieb; sowie
- Beschlüsse zur Festsetzung der zulässigen Gesamtfangmengen (Englisch „total allowable catches“, kurz TAC) für bestimmte Fischbestände im Nordostatlantik und der Ostsee.
Eine interne Überprüfung kann auch im Falle einer behaupteten Verwaltungsunterlassung (Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe h Aarhus-Verordnung) beantragt werden, wenn damit gegen Umweltrecht verstoßen wird (Artikel 10 Absatz 1 Aarhus-Verordnung).
Kriterien für die Antragsberechtigung
Nichtregierungsorganisationen und Privatpersonen verfügen über ein Antragsrecht, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen (Artikel 11 Aarhus-Verordnung):
Nichtregierungsorganisationen (Artikel 11 Absatz 1 Aarhus-Verordnung) | Privatperson (Artikel 11 Absatz 1a Aarhus-Verordnung) |
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oder
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Tabelle: Kriterien für Antragsberechtigung für die interne Überprüfung eines europäischen Verwaltungsaktes.
Antrag auf interne Überprüfung eines Verwaltungsaktes
Ein solcher Antrag muss schriftlich eingereicht und mit Gründen versehen sein. Der Antrag muss innerhalb von höchstens acht Wochen ab dem Zeitpunkt des Erlasses, der Bekanntgabe oder der Veröffentlichung des Verwaltungsakts erfolgen, je nachdem, was zuletzt erfolgte (Artikel 10 Absatz 1 Aarhus-Verordnung).
Das Unionsorgan prüft den Antrag, sofern er nicht offensichtlich unbegründet ist oder stichhaltige Gründe fehlen. Das Organ antwortet zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens innerhalb von 16 Wochen schriftlich. Die Antwort enthält eine Begründung (Artikel 10 Absatz 2 Aarhus-Verordnung).
Eine spätere Antwort ist möglich, allerspätestens hat das Organ innerhalb von 22 Wochen zu handeln (Artikel 10 Absatz 3 Aarhus-Verordnung).
Online-Systeme für die Entgegennahme von Überprüfungsanträgen
Zukünftig können interne Überprüfungsanträge in einem Online-System eingereicht werden (Artikel 11a Absatz 1 Aarhus-Verordnung).
Alle Anträge und abschließenden Entscheidungen zu den Anträgen sind zu veröffentlichen (Artikel 11a Absatz 2 Aarhus-Verordnung).
Ein Antrag auf interne Prüfung verursacht keine unmittelbaren Kosten.
Beispiele und weiterführende Informationen zu Anträgen auf interne Überprüfung, Englisch „Request for Internal Review“, kurz RIR, sind hier zu finden:
Europäische Kommission, Requests for internal reviews.
Justice and Environment, The RIR: Practical Application of the Request for Internal Review, Brüssel 2011.
Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof
Nichtregierungsorganisationen können ferner Klage vor dem Gerichtshof erheben (Artikel 12 Absatz 1 Aarhus-Verordnung).
Antwortet das EU-Organ nicht oder zu spät auf interne Überprüfungsanträge, können die NGOs oder Privatpersonen deswegen Klage vor dem Gerichtshof erheben (Artikel 12 Absatz 2 Aarhus-Verordnung).