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Der Zugang zu Umweltinformationen

in der Europäischen Union

Jede Person ohne Unterscheidung nach Staatsbürgerschaft, Nationalität oder Wohnsitz sowie Organisationen mit Sitz oder tatsächlichen Arbeitsmittelpunkt in der Europäischen Union können einen Antrag auf Umweltinformationen stellen (Artikel 3 Aarhus-Verordnung). Das heißt, alle EU-Behörden sind von EU-Bewohner*innen und Umweltverbänden anfragbar.

Die Aarhus-Konvention auf EU-Ebene: Informationszugang

Was sind Umweltinformationen?

Was Umweltinformationen sind, ist in Artikel 2 der Aarhus-Verordnung legal definiert. Wie bei der Aarhus-Konvention umfassen Umweltinformationen sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form (Artikel 2 Absatz 3 Halbsatz 1 Aarhus-Verordnung). Folgende Informationen sind ausgabepflichtig (Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d Aarhus-Verordnung):

  • Der Zustand der Umweltbestandteile (zum Beispiel Luft, Wasser, Boden) und die Wechselwirkung zwischen den Bestandteilen (Buchstabe i);
  • Die Umweltfaktoren (zum Beispiel Stoffe, Lärm und Strahlung) (Buchstabe ii);
  • Die Tätigkeiten und Maßnahmen (zum Beispiel Politiken, Gesetze, Pläne und Programme), die sich auf die Umweltbestandteile und Faktoren auswirken (Buchstabe iii);
  • Die Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts (Buchstabe iv);
  • Die Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen (Buchstabe v); und
  • Den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit (Buchstabe vi).

Die obigen Umweltinformationen können bei den informationspflichtigen Stellen der Europäischen Union angefragt werden. Darüber hinaus sieht die Aarhus-Verordnung vor, dass die Stellen die oder den Antragsteller*in darüber unterrichten, bei welcher Stelle die Informationen über die bei der Erhebung der Informationen angewandten Messverfahren gefunden werden können, einschließlich der Verfahren zur Analyse, Probenahme und Vorbehandlung der Proben (Artikel 5 Absatz 2 Satz 1 ). Andernfalls verweisen die Stellen auf das angewandte standardisierte Verfahren (Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 Aarhus-Verordnung).

Broschüre – Informieren – Zugang zu Umwelt­­informatio­n­en der Europä­ischen Union

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Informationspflichtige Stellen
der Europäischen Union

Ein Anspruch besteht auf den Zugang zu allen Dokumenten eines Organs (Artikel 2 Absatz 3 Transparenz-Verordnung in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c Aarhus-Verordnung), unter anderem des Europäischen Parlaments, des Rates oder der Europäischen Kommission.

Die Europäische Umweltagentur und weitere Agenturen im Umwelt- und Nachhaltigkeitsbereich verfügen ebenfalls über Umweltinformationen:

Das bedeutet, dass Bürger*innen und Verbände Dokumente erhalten können, die sich im Besitz der Europäischen Kommission und anderer Institutionen befinden, einschließlich der erlassenen Rechtsakte, amtlicher Dokumente, historischer Archive sowie Sitzungsprotokolle und Tagesordnungen. Die Dokumente sind entweder im Internet frei verfügbar oder auf Anfrage herauszugeben.

Beispiel eines Forschenden

Eine Berliner Forscherin möchte z. B. herausfinden, wie viele Stickoxid- und Schwefeldioxid-Emissionen alle europäischen Industriestandorte verursachen. Hierzu kann sie, bevor sie eine Umweltinformationsanfrage stellt, zunächst das europäische Portal für Industrieemissionen der Europäischen Umweltagentur zu Rate ziehen.

Das Portal umfasst mehr als 60.000 Industriestandorte aus 65 Wirtschaftszweigen in ganz Europa. Das Portal zeigt den Standort und die Verwaltungsdaten der Standorte sowie die Freisetzungen und Übertragungen von zahlreichen Stoffen in die Luft, das Wasser und den Boden sowie die Abfallübertragung. Für Großfeuerungsanlagen gibt es detailliertere Daten zu den Emissionen hier.

Umweltinformationen befinden sich häufig im Besitz der Generaldirektionen der Europäischen Kommission. Die Generaldirektionen (GD) sind jeweils für einen bestimmten Politikbereich zuständig. Beispielsweise liegen Umweltinformationen bei der Generaldirektion Umwelt vor, aber auch bei der GD Klimapolitik, Energie, Mobilität & Verkehr, Gesundheit & Lebensmittelsicherheit, Landwirtschaft & ländliche Entwicklung, Maritime Angelegenheiten & Fischerei oder Justiz & Verbraucher.

Informationen zu allen Tätigkeitsfeldern der Europäischen Kommission sind hier zu finden.

Eine Generaldirektion (kurz GD), auch DG für Englisch „Directorate General“, ist eine Verwaltungseinheit der Europäischen Kommission, die jeweils für einen bestimmten Politikbereich zuständig ist. Die Generaldirektionen bilden das Kernstück des exekutiven Unterbaus der Europäischen Union. Sie sind daher funktional mit Ministerien auf nationaler Ebene vergleichbar. Während allerdings ein nationales Ministerium stets einem bestimmter/n Minister*in untersteht, decken sich die Ressorts von Kommissionsmitgliedern und Generaldirektionen manchmal nicht genau: Zwar sind die Generaldirektionen jeweils bestimmten Mitgliedern der Kommission zugeordnet, manche Kommissarinnen oder Kommissare verfügen aber über mehrere Generaldirektionen. In der Vergangenheit kam es zudem bisweilen dazu, dass einzelne Generaldirektionen mehreren Kommissar*innen zuarbeiteten.

Beispiel einer Umwelt-NGO

Der Verein Ozeankind e.V. setzt sich mithilfe von Recycling- und Bildungsprojekten für Kinder für ein erhöhtes Bewusstsein im Umgang mit Einwegplastik und gegen die stetig zunehmende Vermüllung der Natur durch Wegwerf-Plastik ein. Der Verein könnte beispielsweise daran interessiert sein, was die Europäische Union gegen die Plastikvermüllung unternimmt. Bevor der Verein eine Umweltinformationsanfrage stellt, sind die öffentlich zugänglichen Webseiten und Portale der Europäischen Kommission zu konsultieren, z. B. das Portal der GD Umwelt (ENV).

Auf dem Portal sind unter anderem Informationen (Richtlinie, Strategien, Dokumente usw.) zu Einwegplastik zu finden.

Formelle Anforderungen
an eine Umwelt­informations­anfrage

Die formellen Vorgaben an eine Anfrage sind gering. Außerdem bemühen sich die Organe und Einrichtungen der Union, den Antragstellenden Unterstützung und Orientierungshilfe für den Informationszugang zu geben (Artikel 1 Absatz 2 Aarhus-Verordnung). Die EU-Organe informieren die Bürger*innen darüber, wie und wo Informationsanfragen gestellt werden können und leisten Hilfe (Artikel 6 Absatz 4 Transparenz-Verordnung).

Der Antrag ist schriftlich, einschließlich elektronischer Form, in einer der EU-Sprachen zu stellen (Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 Transparenz-Verordnung i. V. m. Artikel 2 Absatz 4 Aarhus-Verordnung).

Antragstellende brauchen keine Gründe für das Informationsgesuch darzulegen (Artikel 6 Absatz 1 Satz 2 Transparenz-Verordnung). Die EU-Organe kommen auf die Antragstellenden zu, um ihre Anfragen gegebenenfalls zu präzisieren, und leistet ihnen dabei Hilfe, beispielsweise durch Informationen über die Nutzung der öffentlichen Dokumentenregister (Artikel 6 Absatz 2 Transparenz-Verordnung).

Es wird empfohlen, beim (Erst)Antrag dem EU-Organ mitzuteilen, in welcher Form die Information (zum Beispiel elektronische Form, Kopien, Einsichtnahme vor Ort) zugänglich gemacht werden soll (vergleiche Artikel 10 Absatz 1 und 3 Transparenz-Verordnung). Auch eine Nachfrage bezüglich der gegebenenfalls entstehenden Kopier- und Übersendungskosten bietet sich an, in den (Erst)Antrag zu integrieren.

Die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, der Rat und andere informationspflichtige Stellen stellen eine Vielzahl an Dokumenten online zur Verfügung:

Behandlung der
Umwelt­informations­anfrage

Die Anfrage wird unverzüglich bearbeitet. Antragende erhalten eine Empfangsbestätigung. Innerhalb von fünfzehn Arbeitstagen nach Antragsstellung gewährt das EU-Organ entweder Zugang zu dem angeforderten Dokument und macht es innerhalb dieses Zeitraums zugänglich oder informiert den oder die Antragende schriftlich über die Gründe für die vollständige oder teilweise Ablehnung (Artikel 7 Absatz 1 Transparenz-Verordnung). Wenn ein sehr umfangreiches Dokument oder viele Dokumente angefragt werden, kann die Antwortfrist um fünfzehn Arbeitstagen verlängert werden (Artikel 7 Absatz 3 Transparenz-Verordnung).

Lehnt das EU-Organ die Anfrage ganz oder teilweise ab, kann der oder die Antragende innerhalb von fünfzehn Arbeitstagen einen Zweitantrag zur Überprüfung der Ablehnungsentscheidung stellen (Artikel 7 Absatz 2 Transparenz-Verordnung). Auch wenn das EU-Organ nicht innerhalb der Frist antwortet, kann ein Zweitantrag gestellt werden (Artikel 7 Absatz 4 Transparenz-Verordnung).

Behandlung von Zweitanträgen

Das EU-Organ hat auch die Zweitanfrage unverzüglich zu bearbeiten (Artikel 8 Absatz 1 Satz 1 Transparenz-Verordnung). Binnen fünfzehn beziehungsweise dreißig Arbeitstagen 1 gewährt das Organ entweder Zugang zu dem angeforderten Dokument und macht es zugänglich oder teilt schriftlich die Gründe für die vollständige oder teilweise Ablehnung mit (Artikel 8 Absatz 1 Satz 2 Transparenz-Verordnung). Verweigert das Organ den Zugang vollständig oder teilweise, so unterrichtet es den oder die Antragende über mögliche Rechtsbehelfe (Artikel 8 Absatz 1 Satz 3 Transparenz-Verordnung). Rechtsbehelfe sind auch möglich, wenn das EU-Organ nicht fristwahrend antwortet (Artikel 8 Absatz 3 Transparenz-Verordnung).

 

Zugang nach Umweltinformationsanfrage

Der Zugang erfolgt je nach Wunsch in elektronischer Form, durch Kopie oder Einsichtnahme vor Ort (Artikel 10 Absatz 1 Satz 1 Transparenz-Verordnung) in einer vorliegenden Fassung und Form (einschließlich einer elektronischen oder anderen Form, beispielsweise Braille-Schrift, Großdruck oder Bandaufnahme) (Artikel 10 Absatz 3 Transparenz-Verordnung). Ist ein Dokument bereits von dem EU-Organ freigegeben worden und für den oder die Antragende problemlos zugänglich, genügt es, wenn das Organ den oder die Antragende darüber informiert, wie er oder sie das angeforderte Dokument erhalten kann (Artikel 10 Absatz 2 Transparenz-Verordnung).

1 30 Arbeitstage in Ausnahmefällen gemäß Artikel 8 Absatz 2 Transparenz-Verordnung.

Ablehnung oder Weiterleitung
einer Umwelt­informations­anfrage

Ein EU-Organ kann eine Umweltinformationsanfrage vollständig oder teilweise ablehnen. Wenn nur Teile des angefragten Dokuments schutzwürdig sind, müssen die übrigen Teile freigegeben werden (Artikel 4 Absatz 6 Transparenz-Verordnung). Grundsätzlich kann das EU-Organ die Verbreitung von Dokumenten nur für den Zeitraum verweigern, in dem der Schutz der Inhalte gerechtfertigt ist (Artikel 4 Absatz 7 Transparenz-Verordnung).

Das Organ kann die Verbreitung von Dokumenten ablehnen, wenn dadurch einzelne oder mehrere öffentliche oder privaten Interessen beeinträchtigt werden würden (Artikel 4 Absatz 1 f. Transparenz-Verordnung)1:

Öffentliche Interessen

  • Öffentliche Sicherheit
  • Verteidigung und militärische Belange
  • Internationale Beziehungen
  • Finanz-, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats

Private Interessen

  • Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen (insbesondere Schutz personenbezogener Daten)
  • Geschäftliche Interessen (insbesondere geistiges Eigentum)
  • Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung
  • Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten

Tabelle links: Schutzwürdige öffentliche und private Interessen bei Informationsanfragen an EU-Organe

Den Gerichten zufolge besteht eine allgemeine Vermutung, dass die Verbreitung von Dokumenten unzulässig ist, wenn diese Bezug haben zu:

  • laufenden EU-Pilot-Verfahren,
  • laufenden Vertragsverletzungs- und Prüffällen,
  • Beihilfesachen,
  • Wettbewerbssachen, von nationalen Wettbewerbsbehörden übermittelten Dokumenten,
  • Fusionskontrollsachen,
  • Untersuchungen von Betrugsfällen (OLAF),
  • Rechtssachen,
  • Angeboten anderer Bieter in einem Vergabeverfahren,
  • Finanzhilfevorschlägen anderer Bewerber, sowie
  • schriftlichen Fragen bei Personalauswahlverfahren.

Im Falle vom Schutz von Geschäftsgeheimnissen und von Inspektions-, Untersuchungs-und Audittätigkeiten wird ein überwiegendes Interesse an der Verbreitung von Informationen zu Umweltemissionen angenommen (Artikel 6 Absatz 1 Aarhus-Verordnung).

Weiterhin können EU-Organe Informationen zurückhalten, wenn sich die Bekanntgabe negativ auf den Schutz der Umweltbereiche auswirken würde (zum Beispiel Brutstätten seltener Tierarten) (Artikel 6 Absatz 2 Aarhus-Verordnung).

Der Zugang zu EU-Dokumenten, die für den internen Gebrauch erstellt wurden und das Organ noch keine Entscheidung in der Angelegenheit getroffen hat, muss ein überwiegendes öffentliches Interesse an dessen Verbreitung bestehen (Artikel 4 Absatz 3 Transparenz-Verordnung).

Auch Dokumente Dritter sind gegebenenfalls zu verbreiten (Artikel 4 Absatz 4 Transparenz-Verordnung).

Gegen vollständig oder teilweise abgelehnte Umweltinformationsanfragen stehen Rechtsbehelfe zur Verfügung.

 

Weiterleitung von Umweltinformationsanfragen

Wenn EU-Organe eine Anfrage erhalten, deren Informationen sich nicht in ihrem Besitz befinden, so unterrichten sie die Antragenden so rasch wie möglich oder spätestens innerhalb von 15 Arbeitstagen, über das EU-Organ die mitgliedstaatlichen Behörden, bei der ihres Erachtens die gewünschten Informationen angefragt werden können. Alternativ kann die Anfrage an das EU-Organ oder die betreffende Behörde weitergeleitet werden. Das Organ setzt die Antragenden hiervon in Kenntnis (Artikel 7 Aarhus-Verordnung).

1 Siehe auch Artikel 9 Transparenz-Verordnung zur Behandlung sensibler Dokumente.

Kosten für die
Umwelt­informations­anfrage

Das Kostenrisiko für eine Umweltinformationsanfrage ist gering.

Die Aarhus-Konvention sieht vor, dass informationspflichtige Stellen Gebühren in „angemessener Höhe“ erheben können. Die Transparenz-Verordnung konkretisiert diese Vorgabe und legt fest, dass der direkte Zugang in elektronischer Form oder über das Register, die Einsichtnahme vor Ort oder Kopien von weniger als 20 DIN-A4-Seiten kostenlos sind (Artikel 10 Absatz 1 Satz 4 Transparenz-Verordnung).

Die Transparenz-Verordnung sieht einen direkten Zugang zu Dokumenten der EU-Organe in elektronischer Form, über öffentlich zugängliche Dokumentenregister oder im Amtsblatt vor (Artikel 11, 12 und 13 Transparenz-VO).

Die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, der Rat und andere EU-Organe stellen hier eine Vielzahl an Dokumenten online zur Verfügung.

EUR-Lex bietet den kostenfreien Zugang zu allen Rechtsakten der Europäischen Union.

Die Kosten, um Kopien anzufertigen und zu übersenden, können den Antragenden in Rechnung gestellt werden. Diese Kosten dürfen die tatsächlichen Kosten für die Anfertigung und Übersendung der Kopien nicht überschreiten (Artikel 10 Absatz 1 Satz 2f. Transparenz-Verordnung).

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