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Die Öffentlich­keits­beteiligung
zum Umweltschutz

Die zweite Säule der Aarhus-Konvention sieht in drei unterschiedlichen Konstellationen die Beteiligung der Öffentlichkeit vor:

  1. bei konkreten Entscheidungen über bestimmte umweltrelevante Tätigkeiten (Artikel 6),
  2. bei umweltbezogenen Plänen, Programmen und Politiken (Artikel 7) sowie
  3. während der Vorbereitung exekutiver Vorschriften und/oder allgemein anwendbarer rechtsverbindlicher normativer Instrumente (Artikel 8).

Bestimmte Projekte

Besonders klar ist die Öffentlichkeitsbeteiligung in Artikel 6 der Konvention in Bezug auf bestimmte Projekte geregelt. Zunächst regelt die Aarhus-Konvention, für welche Entscheidungsverfahren eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist (Artikel 6 Absätze 1, 10 und 11, Artikel 6<sup>bis). Hierbei bedient sich die Konvention unter anderem eines Katalogs von insgesamt 19 verschiedenen Tätigkeiten (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang I). Darunter fallen verschiedene Tätigkeiten oder Anlagen, zum Beispiel zur Energiegewinnung, wie Raffinerien und Kraftwerke, zur Abfallbehandlung oder der chemischen Industrie. Bei der Zulassung solcher Tätigkeiten ist die Beteiligung der Öffentlichkeit verpflichtend.

Nach der Klärung, welche Tätigkeiten mit Öffentlichkeitsbeteiligung zuzulassen sind – Rechtsexpert*innen nennen das den „sachlichen Anwendungsbereich“ – regelt die Aarhus-Konvention, dass und wie die Öffentlichkeit über die behördliche Entscheidung zu beteiligen ist.

Die Öffentlichkeitsbeteiligung kann nur erfolgen, wenn diese über die Entscheidung informiert wird. Artikel 6 Absatz 2 statuiert daher zunächst eine Pflicht zur Unterrichtung der betroffenen Öffentlichkeit. Die Behörde informiert Betroffene oder Umweltverbände entweder durch öffentliche Bekanntmachung oder gegenüber Einzelnen in „sachgerechter, rechtzeitiger und effektiver Weise frühzeitig“ über die geplante Tätigkeit (siehe oben). Für die Inhalte der Bekanntmachung setzt die Konvention einen Mindeststandard fest. Über die allgemeine Unterrichtungspflicht hinaus, hat die Behörde Sorge zu tragen, dass der betroffenen Öffentlichkeit alle relevanten, verfügbaren Informationen über das Vorhaben und ein gebührenfreier Zugang offenstehen (Artikel 6 Absatz 6). Auch für diese auszulegenden Informationen legt die Konvention einen Mindeststandard fest.

Die Modalitäten für die Öffentlichkeitsbeteiligung sind sodann in den Absätzen 3, 4, 7 und 9 des Artikels 6 festgelegt. Die Absätze 3 und 4 betreffen den zeitlichen Rahmen der Beteiligung. Für die einzelnen Verfahrensschritte sind angemessene Zeiträume festzulegen (Absatz 3); die Öffentlichkeit soll frühzeitig im Verfahrensverlauf mitwirken können (Artikel 6 Absatz 4). Artikel 6 Absatz 4 beschreibt gleichzeitig die eigentliche Funktion und den Sinn einer Öffentlichkeitsbeteiligung: Die Beteiligung soll zu einem Zeitpunkt stattfinden, bei dem noch alle Optionen offen sind und eine effektive Mitwirkung stattfinden kann. Die frühe Beteiligung ist besonders relevant im Hinblick auf mehrstufige Verfahren. In Artikel 6 Absatz 5 findet sich dieser Gedanke der effektiven Beteiligung wieder. Die Zulassungsbehörde soll den Antragsteller dazu ermutigen, vorab die betroffene Öffentlichkeit zu ermitteln und mit ihnen Gespräche über den Zweck des Vorhabens aufzunehmen.

Der Öffentlichkeit ist es im Zulassungsverfahren möglich, schriftliche Stellungnahmen abzugeben oder bei einer öffentlichen Anhörung Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen vorzutragen (Artikel 6 Absatz 7). Hat die Behörde eine Entscheidung getroffen, ist die Öffentlichkeit unverzüglich und auf angemessene Weise zu informieren (Artikel 6 Absatz 9). Die Behörde hat den Wortlaut der Entscheidung und die Gründe und Erwägungen, auf die sich ihre Entscheidung stützt, bekannt zu geben.

Artikel 6 Absatz 8 der Konvention sieht vor, dass die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung von der Behörde zu berücksichtigen sind (Pflicht zur Berücksichtigung).

Pläne, Programme und Politiken

Die Öffentlichkeit ist ferner bei der Vorbereitung von Plänen, Programmen und Politiken mit Umweltbezug zu beteiligen (Artikel 7). Im Vergleich zu den Beteiligungspflichten, die für Projektzulassungen vorgesehen sind, sind die Bestimmungen deutlich knapper und schwacher ausgestaltet. So ist etwa nicht definiert, welche umweltbezogenen Pläne, Programme oder Politiken, unter anderem Handlungsempfehlungen oder –prinzipien, eine Beteiligung erfordern. Das hat der europäische oder deutsche Gesetzgeber genauer zu regeln.

Gesetze, Rechtsverordnungen und Verfassungsbestimmungen

Zuletzt sieht die Konvention die öffentliche Beteiligung bei der Vorbereitung bestimmter normativer Vorgänge oder in Bezug auf normative Instrumente vor (Artikel 8). In anderen Worten bedeutet es, dass die Behörden die Öffentlichkeit bei der Vorbereitung von Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verfassungsbestimmungen einbeziehen sollten, die erhebliche Auswirkung auf die Umwelt entfalten können.